14.04.2024 Können Zweifel an Immobilienbewertungen Verschwörungstheorien sein?

Versuchen wir dies am Beispiel des Fachmarktzentrums „Bodepark Staßfurt“ zu ergründen. Dieses Fachmarktzentrum ist durch die Fusion der Raiffeisenbank Borken eG mit der VR-Bank Bad Salzungen in den Immobilienbestand der VR-Bank übergegangen.
Im Mai 2018 ermächtigte der Aufsichtsrat der Raiffeisenbank Borken eG den damaligen Vorstand der Raiffeisenbank Borken eG zum Kauf dieses Fachmarktzentrums.
Beim Bodepark Staßfurt handelt es sich um ein im Jahr 1993 fertiggestelltes und in den Jahren 2007/2008 und 2012 umfassend saniertes Fachmarktzentrum auf einem 13.344,00 m² großen Grundstück in zentraler Lage von Staßfurt mit einer vermietbaren Fläche von ca. 3.500 m² und 219 PKW-Außenstellplätzen. Dem damaligen Kauf lag offenbar ein Immobiliengutachten der VR-Wert, einer Tochter der zur genossenschaftlichen Finanzgruppe gehörenden DZ-HYP, zugrunde.

Nach Zustimmung zur Fusion im Jahr 2021 erfolgte die Übernahme der Aktiva und Passiva der Raiffeisenbank Borken durch die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG rückwirkend zum 01.01.2021. Im dazu gehörenden abschließenden Prüfungsbericht des Jahres 2020 des für die Raiffeisenbank Borken eG zuständigen Genossenschaftsverbands der Regionen, führt der zuständige Prüfer zum „Einkaufszentrum in Staßfurt einschließlich PV Anlage“ folgendes aus: „
Der Marktwert beträgt gemäß Gutachten 3,1 Mio. EUR. Damit ergibt sich im Ergebnis für die Bank keine Notwendigkeit von Bewertungskorrekturen. Hier hat die Bank in 2020 eine Parkplatzfläche im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Erweiterung der Immobilie erworben. In 2020 ergab sich nur ein geringfügiger Mietrückstand.

Nach erhaltenen Informationen betrugen die gesamten Anschaffungskosten des Fachmarktzentrums 3.623.600,00 €. Die jährlichen Mieteinnahmen von 279.266,00 € ergeben, bezogen auf den Kaufpreis, eine Mietrendite von 7,71 % brutto.

Am 11.01.2024 ermittelte die Gutachterin der BAG-Wert GmbH für dieses Fachmarktzentrum einen Marktwert von (nur noch) 2.050.000,00 €. Dieser Wert ergibt sich, nachdem die Gutachterin die Jahresmieteinnahmen von 279.266 € mit dem Faktor 7,3 multipliziert hat. Dieser Wert von 7,3 entspricht einer Mietrendite von ca. 13,7 % p.a. brutto.

Aber hätten in einer Zeit, in der Mitglieder und Kunden nicht einmal mehr Zinsen auf Spareinlagen erhalten, nicht auch 8 % Bruttomietrendite ausgereicht? Denn dann hätte der Verkehrswert bei ca. 3,49 Mio. EUR gelegen, also in der Nähe der Anschaffungskosten.
Ist es Verschwörungstheorie, den ermittelten Verkehrswert von 2.050.000 € anzuzweifeln, weil er an der unteren Grenze liegt?

Bekannt ist auch der Buchwert, der derzeit in den Büchern der Bank steht. Er soll nach erhaltenen Informationen noch 3.453.000,00 € betragen.
Durch den von der Gutachterin ermittelten Verkehrswert von 2.050.000,00 € ergibt sich zum Buchwert von 3.453.000,00 €
eine Differenz von 1.403.000,00 €, die dann als (angeblicher) Immobilienverlust bezeichnet wird. Hätte die Gutachterin eine Mietrendite von (nur) 8% angenommen, wäre kein Verlust entstanden.
Ist es Verschwörungstheorie, wenn man sich fragt, ob die am 26.03.2024 bekannt gegebenen (angeblichen) Immobilienverluste alle auf diese Art und Weise ermittelt wurden? Denn je höher der Prozentsatz der Mietrendite angesetzt wird, desto niedriger wird der Marktwert.

Die BAG-Wert GmbH ist über den Umweg einer weiteren 100%igen Tochtergesellschaft der BAG-Bank eine 100%-Tochter der BAG-Bank.
Ist es Verschwörungstheorie wenn man sich fragt, ob die bei der BAG-Wert GmbH angestellten Immobiliengutachter den Marktwert der zu bewertenden Immobilien vielleicht subjektiv im Sinne ihrer Arbeitgeber ermittelt haben?
Nur nebenbei: Der von der gleichen Gutachterin für dieses Einkaufszentrum in Staßfurt ermittelte Sachwert, also der reine materielle Wert, der Wert der baulichen Substanz und des Grundstücks, unabhängig von anderen Faktoren wie Lage, Nachfrage oder Marktsituation wird von der Gutachterin im Gutachten mit 3.648.768,00 € angegeben.

Es ist leicht Verluste durch Unterbewertung von Immobilien auszuweisen. Keine Verschwörungstheorie ist, dass die BAG Bank zu fast 100% dem BVR gehört. Aber ist es Verschwörungstheorie, wenn man hinterfragt, wer den größten Vorteil aus einem Verkauf dieser Immobilien an die BAG Bank erzielt?

Jedenfalls ist es auch Aufgabe des neu gewählten Aufsichtsrates, dies zu überprüfen. Denn Aufsichtsrat kommt vom Wort "Aufsicht". Und der Aufsichtsrat hat die Möglichkeit (wenn nicht sogar die Pflicht) diese Immobilienberwertungen überprüfen zu lassen. Und dazu kann er jederzeit die Hilfe von externen, von der Genossenschaftsorganisation vollkommen unabhängigen Dritten in Anspruch nehmen.













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